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Modell des Monats August 2025

Transalpin…

Die Fiat G.55 Centauro

Vom Original zum Modell

Ein eigenständiger Teil der Sammlungen des Luftfahrtmuseums Hannover-Laatzen sind die mehr als 1.000 Maßstabsmodelle, vornehmlich der internationalen Standards 1/72, 1/48 und 1/32.

Solche originalgetreuen Miniaturen ermöglichen Betrachtern musealer Technikgeschichte den „Überblick“, nicht allein auf das einzelne Exponat (mitunter sogar als einzige Möglichkeit der realen dreidimensionalen Schau, wenn es kein erhaltenes Original mehr gibt), sondern auch auf Entwicklungslinien des Flugzeugbaus durch hier mögliche Reihung und Gegenüberstellung. Manchmal schließen sie sogar Lücken in der Präsentation der Originale. Ihre kunsthandwerkliche Qualität allein ist ein Schauvergnügen.

Heute stellen wir Ihnen in unserer Reihe ´Modell des Monats´ die Fiat G.55 von 1942 vor. Die „Centauro“ (Zentaur) benannte Konstruktion war nicht nur das in Summe beste Jagdflugzeug Italiens im zweiten Weltkrieg, sondern zur Zeit seiner Einführung 1943 wahrscheinlich sogar der stärkste Kolbenmotorjäger der drei Achsenmächte. Das Luftfahrtmuseum zeigt verschiedene Miniaturen des Typs in den Vitrinen der Halle 2.

Die Fiat G.55 in 1/72. Im Museum sind verschiedene Versionen des Typs aus den Bausätzen der Firmen Italeri und Supermodel zu sehen.  

Die Modelle

Mit dem Bausatz der G.55 im Maßstab 1/72 begann die Erfolgsgeschichte der Firma Italeri aus Bologna in Norditalien. 1968 entsprach dieser erste Kit in Qualität und Detaillierung dem internationalen Niveau, folgende Modelle unterschiedlicher Themen und Technikbereiche etablierten das Unternehmen schnell in der internationalen Spitze der Anbieter.

Mehrere Dekorationen der G.55 waren inkludiert, neben den drei italienischen Staaten, welche den Typ zwischen 1943 und 1953 nutzen, auch ein Exemplar in deutscher Kennung – wohl das Testexemplar des Reichsluftfahrtministerium RLM in Berlin.

Die in geringen Stückzahlen gefertigte Version „S“, ein Torpedoträger zur Schiffsbekämpfung, kam als 1/72-Modell Anfang der 1970er Jahre vom ebenfalls italienischen Hersteller Supermodel auf den Markt.

In Summe bester Jäger mindestens der italienischen Luftwaffe – wenn nicht der Achsenmächte. Diese Einschätzung traf eine deutsche Expertenkommission bei der Begutachtung der G.55 im Jahr 1942/3.

Das Original

Die italienischen Jagdflugzeuge der 1930er Jahre zeigten sich durchgängig als exzellent konstruiert, elegant wie agil bei jedoch zunehmend unterdurchschnittlicher Motorisierung und Bewaffnung. Standardantrieb war der zwar bewährte, aber bei ca. 840 PS limitierte Fiat A.74 RC 38 Doppelsternmotor, die Bewaffnung ging nicht über zwei 12,7 mm MG hinaus. Die gute Einsatzbilanz im spanischen Bürgerkrieg durch verschiedene, nicht primär technische Faktoren vermittelte den italienischen Streitkräften und Flugzeugbauern ein Gefühl der Sicherheit, welches mit Beginn des zweiten Weltkrieges erschüttert wurde: Die Kampfleistung italienischer Jagdflugzeuge zeigte sich nun deutlich unter jenen der besten britischen, deutschen, auch französischen und sowjetischen Typen.

Auch in der Unteransicht präsentiert sich die Centauro als elegante wie stimmige Konstruktion.

Für komplette Neuentwicklungen war keine Zeit, die Lösung kam über die Alpen -  mit Lieferung von stärkeren Motoren und Bordwaffen durch den deutschen Verbündeten und folgendem Lizenzbau durch die italienische Industrie entstanden nach 1940 in rascher Folge neue Konstruktionen, vornehmlich aus aerodynamisch bewährten Typen wie der Macchi MC.200, der Fiat G.50 und der Caproni-Reggiane RE.2000, bei denen Daimler-Benz DB 601-, 603- und 605-12 Zylinder-Reihenmotoren die Sternmotoren ersetzten und die Mauser 2cm-MK 151/20  zum Einbau kam. Und diese „Hochzeiten“ erzeugten exzellente Jagdflugzeuge.

Von den so entstandenen Typen Macchi MC.202 und MC.205, Fiat G.55 und Caproni-Reggiane RE.2001 zeigte letztere zwar das höchste Leistungsvermögen, war aber in der Produktion die aufwändigste und teuerste; als das in Summe aller Faktoren beste der vier Flugzeuge erwies sich in aufwändigen Testreihen – auch vor einer technischen Kommission aus Deutschland – die von Guiseppe Gabrielli bei Fiat Aviazione in Turin auf Basis der G.50bis konstruierte G.55 „Centauro“, welche am 30. April 1942 ihren Erstflug absolvierte.

Entwicklungsgeschichte… Nur gut drei Jahre trennen die Erstflüge der G.55 und des weltweit letzten in den Truppendienst genommenen Doppeldeckers Fiat CR.42.

Der einzige Kritikpunkt an der 630 km/h schnellen, dabei agilen und zugleich robusten wie „gutmütigen“ Maschine mit ihren ansprechend klaren Linien und der starken Bewaffnung von drei 20 mm-MK und zwei 12,7 mm-MG, mit Leistungsreserven in  großen Höhen und mit zum Rumpf einziehenden Fahrwerk breiter Spur, was gutes Handling bei Start und Landung  beförderte, war das Fehlen einer Vollsichthaube.

Dennoch empfahl die technische Kommission des RLM Überlegungen zum Lizenzbau des Typs in Deutschland als „derzeit ausgereiftestem Kolbenmotorjäger“ der drei Achsenmächte im Frühjahr 1943. Diese Überlegungen wurden durch den Separatfrieden Italiens mit den Alliierten hinfällig, der auch dazu führte, dass nur eine begrenzte Anzahl aller vier hervorragenden italienischen Neukonstruktionen gebaut und eingesetzt wurden. Im Falle der Fiat G.55 waren dies gerade einmal 274 Exemplare während des Krieges, ergänzt von 75 Stück Nachkriegsproduktion.

Italienische Eleganz mit deutschem „Gesicht“: der DB 605 samt Spinner und Dreiblattschraube entsprach der Messerschmitt Bf 109 G.

Die meisten der bis Kriegsende produzierten Maschinen liefen den Streitkräften der RSI in Norditalien zu, welche im Gegensatz zum pro-alliierten System im Süden auf Seiten des Deutschen Reiches weiterkämpfte. Nach dem Krieg nutzte die Luftwaffe der neuen italienischen Republik die Centauro bis in die 1950er Jahre, Exporte gingen nach Argentinien und in den arabischen Raum.

Datenblatt der Fiat G.55 Centauro

Länge 9,37 m, Spannweite 11,85 m, Startmasse 3.718 kg, Reichweite 1.200 km, Antrieb 1 x Fiat RA 1050 RC 58 (Daimler Benz DB 605A) mit 1.475 PS, Höchstgeschwindigkeit 630 km/h, Besatzung 1, Bewaffnung 3 x 20 mm MK, 2 x 12,7 mm MG, gebaute Exemplare ab 1942: 349 Stück. 

Die späte Flecktarnung der Regia Aeronautica wurde nicht selten individuell variiert. Die G.55 blieb noch Jahre nach dem Krieg Einsatzmuster der italienischen Luftwaffe.

Neugierig?

Konnten wir Sie neugierig machen auf unsere Sammlungen mit über 40 Originalen und originalgetreuen Nachbauten von Segel-, Leicht-, Verkehrs- und Militärflugzeugen, noch einmal so vielen Triebwerken und Hunderten von Ausrüstungsgegenständen sowie unserer Modellsammlung? Dann freuen wir uns auf Ihren Besuch in der Ulmer Straße am hannoverschen Messegelände!  

sb


Kontakt zum Autor der Modell-des-Monats-Reihe können Sie hier aufnehmen: Autor-MdM